Musik die im Volk entsteht: Die populäre Musik

Ein Dorf

Stell dir mal folgendes Szenario vor: Du bist in deinem Heimatdorf, irgendwo im Harz, im Alpenland oder oben an der Nordsee, zwischen Husum und Bredstedt. Das Jahr neigt sich dem Ende, in deinem kleinen beschaulichen Dorf. Die Tage sind kurz geworden – kalt und dunkel.

Du hast weder Internet, noch Radio und auch keinen Fernseher der deine Gedanken zerstreut. Denn du bist im 18. Jahrhundert. 1712 um genau zu sein.

Womit beschäftigst du dich, wenn dein Tagewerk vollbracht ist, du deine Tiere im Stall versorgt hast, und deine Gerätschaften und Werkzeuge frisch geputzt auf ihren nächsten Einsatz im noch fernen Frühling warten?

Die Dörfer im 18.Jahrhundert haben hauptsächlich eine landwirtschaftliche Basis. Zunehmend gewinnt aber auch das Handwerk an Bedeutung.

Behänd greifst unter deine alte, vertraute Küchenbank. Das hölzerne Rechteck das du hervorholst ist mit derben Leder überzogen. Es ist schon alt und das Holz ist abgewetzt von den vielen Jahren deiner Benutzung. Prüfend schlägst du Saiten an, mit den zwei Holzklöppeln, die mit deinem Hackbrett zusammen unter deiner Küchenbank geduldig so lange ausgeharrt haben.

„Kaum verstimmt“, bemerkst du zufrieden und justierst noch die eine und andere Saite nach.

Du beherrschst sie noch. Die alte Tradition

Du beherrschst sie noch: Die alte Tradition des Musizieren. Das heißt: Musik machen im kleinsten Kreis. Innerhalb der Familie, innerhalb einer Dorfgemeinschaft. Das hast du von deinen Vorfahren gelernt und die wiederum haben es von ihren Vorfahren mit auf den Weg bekommen.

Als Noten festgehalten waren die wenigsten dieser Lieder. Sie wurden mündlich überliefert und rein durch musikalische Praxis.


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Dein erstes unsicheres Anspielen sorgen für heiteres Gelächter. Deine Frau holt noch geschwind die alte Sackpfeife hinzu. Gretchen, die Tochter vom Ferdl, vom Nachbarhof, stimmt mit ihrer hellen Stimme ein in das vergnügliche Aufspielen – Volksmusik 1712.

Die ursprüngliche deutsche Volksmusik ist ein Spiegel ihrer Zeit und geprägt von Lebensweisen und Umständen.

Thematisiert wurde häufig die vorindustrielle Welt, das Dorfidylle, die Schönheit der Natur. Die Volksmusik war in ihrem Ursprung kaum politisch.

Musik, Tanz und Tracht – Ein großer Bund an Lebensfreude

Es ist populäre Musik, weil sie aus dem Volk kommt. Gespielt wurde sie zu jeder Gelegenheit. Zu Geburtstagen, zu Feiertagen und ganz besonders gerne auf Dorffesten.

Dabei schuf die Entfernung zwischen den Dorfgemeinschaften ganz eigene, regionale Musik, die dann aufgeführt wurde. Oft zusammen mit originären Tänzen in verschiedenen Trachten.

Die Volksmusik. Immer identitätsstiftend

Johann Gottfried Herder (1744-1803) prägte im 18. Jahrhundert den Begriff der „Volksmusik“. Es war die Zeit in der sich europaweit das Nationalbewusstsein festigte. Identitätsstiftend war sie, die Deutsche Volksmusik.

Dank Herder und nachfolgenden Romatikern befindet sich in Deutschland die wichtigste Sammlung von Volksliedern. „Des Knaben Wunderhorn“ ist die von Clemens Brentano (1778-1842) veröffentlichte Zusammenstellung. Mehrere Bände umfasst das Werk des 19. Jahrhunderts.

Besonders im 19. Jahrhundert änderten sich die Heimatklänge. Es entstanden neue Lieder vom harten Arbeitsalltag, von Soldaten und Handwerkern und politische Kritik hielt immer öfter Einzug in die Volksmusik.

Es ist spät geworden in deiner gemütlichen Bauernstube. Der letzte Holzscheit liegt knisternd im Feuer, halb heruntergebrannt mahnt er die späte Stunde. Behutsam packst du die Instrumente ein.

„Morgen ist auch noch ein Tag“, murmelst du frohgemut und küsst deiner Frau zur guten Nacht. Und da ist es wieder, dieses wärmende, wohlige Gefühl der Geborgenheit – in deinem Heimatdorf, irgendwo in Deutschland 1712.

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