Deutschlands magische Orte: Die Mainzer Gaugasse

Deutschlands magische Orte: Die Mainzer Gaugasse

Wenn ich dich fragen würde: „Sag mal – was stellst du dir eigentlich unter einem Denkmal vor?“ – was würdest du dann antworten? Etwa: „Ein Denkmal steht auf einem steinernen Podest. Auf dem Podest thront ein alter Mann in Kleidung aus dem vergangenen Jahrhundert. Seine Pose ist straff, manchmal sitzt er noch auf einem hohen Ross und sein Blick schaut ernst auf ein undefinierbares Ziel.“?

Nun ja, mit dieser Antwort liegst du natürlich völlig richtig und wärst garantiert nicht allein.

Es ist die Natur eines Denkmals, dass es dich an irgendwas erinnert, und so kann ein „Denk-mal“ alles Mögliche sein. Ein Ort, ein Gegenstand, Essen, Musik – egal, Hauptsache ist: Es löst Erinnerung in dir aus. Es muss also nicht zwangsläufig ein steinernes Podest mit einem ernst dreinschauenden Mann sein.

Mir geht es beispielsweise so, wenn ich an einen ganz bestimmten Ort denke.

Das Wort Denkmal ist eine Wortschöpfung vom deutschen Reformator Martin Luther (1483-1546). Er verwendete sie das erst mal in seinen Übersetzungen, als er das griechische mnemosynon und das lateinische monumentum beschrieb. Das Wort steht gemeinhin für „Gedächtnisstütze“.

Dieser Ort ist eine Gasse und diese Gasse verläuft, nein, vielmehr windet sie sich steil eine kleine Anhöhe hinauf, in einer quirligen Stadt am schönen Deutschen Rhein. Die hat zahlreiche Sehenswürdigkeiten zu bieten und verfügt zudem über eine wahrlich üppige Historie.

Mogontiacum wurde sie einst genannt, damals, als die Römer noch gegen die Germanen und Kelten ins Feld zogen (ca. 16 v. Chr.) und sich dabei das eine oder andere Mal eine blutige Nase holten.

Mainz – Die einst graue Eminenz am Deutschen Rhein

Ja, grau war sie, die Stadt Mainz zu jener Zeit, in den 1970er Jahren. Besonders wenn du sie auf dem Schulweg erlebtest. Sie hatte durchaus ihren Charme, wie das nun mal so ist mit Heimatstädten in Heimatländern – die haben immer so einen speziellen Bonus.

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Westdeutsche Nachkriegsarchitektur an allen Ecken und Enden, dreistöckige Bauten im Block, kleine Balkone mit gedrehter Metallbrüstung, schnell hochgezogen. Seite an Seite mit den wenigen stehengebliebene Altbauten füllten diese Blöcke die viele Lücken, die so manche Bombennacht gerissen hatte, und so sah die Stadt auch aus: Ein architektonisches Flickwerk.

So lange wie ich diese Gasse kenne beginnt sie ganz unten mit der Kneipe „Zur Andau“. Die wirkte damals wie eine olle verräucherte Kaschemme, dürfte aber mittlerweile zur feineren institutionellen Mainzer Lokalität aufgestiegen sein. Unverwechselbar war ihre schreiend gelbe Neonbeleuchtung. Diese Art Neonschrift war so typisch für den Stil der 60er Jahre, dass du sie bei Metzgern, Zeitungsläden, Bäckern und allen möglichen anderen Geschäften zu sehen bekamst – und gelegentlich gibt es die auch heute noch als Original zu bewundern.

Das „Neonleuchtfieber“ kam in den 1950er Jahren wieder richtig in Fahrt. Die schwungvollen Schriftzüge der zeittypischen Scriptfonts, wie z.B. Mistral oder Pepita, zierte alles was irgendwie nach Hausfassade aussah. Sie lockten die Menschen in Scharen in Kinos, Kaufhäuser, Läden und Restaurants.

Das Bemühen des Fischweiberlbrunnen

Erhellen tat dieses grelle Neonleuchten leider nie die dunkle Kurve, die ein paar Meter weiter auf das Andau folgte. Auf dessen linker Seite stand ein kleiner, verwaister Springbrunnen, der Fischweiberlbrunnen, der bis heute tapfer versucht die Tristes dieser Kurve etwas abzumildern.

Völlig vergebens – ob Sonnenstrahl oder Neonlicht, in diese dunkle Ecke dringt so gut wie nie ein Lichtstrahl. Eine reelle Chance hatte er also nie, der sympatische kleine Brunnen und so bleibt es bis heute nur bei seinem anrührenden Versuch.

Ratternd und quitschend nahmen damals die alten Straßenbahnen diese Kurve und jedesmal legten sie sich dabei beängstigend schräg in die Kurve. Spektakulär sah das besonders von außen aus. Mittlerweile wurde die Kurve entschärft, obwohl mir nicht bekannt ist, dass da jemals irgendetwas Ernstes passiert wäre.


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Weiter hoch geht die „Gaugasse“, wie sie offiziell eigentlich gar nicht heißt, sondern nur von original „Meenzern“ so genannt wird, in einer fast geraden Linie. Die Gaustraße, wie sie richtig heißt, ist mitnichten eine kleine Straße. Als Provinzialstraße diente sie bis in die 1970er Jahre als Entlastungsstraße der Bundesstraße 9. Aber hier geht es um den magischen, etwa einen Kilometer langen Abschnitt, direkt im Herzen von Mainz. Die „echte Gaugasse“ also.

Die Gaugasse – Herberge des Kulturdenkmals Schottenhof

Alles Nötige fand sich in den Geschäften entlang ihrer fleckigen Häuserzeilen. Schuster und Friseure neben Bekleidungsgeschäften und Blumenläden.

Und dann kommst du zum Schottenhof. Der steht vor dir wie ein wellenbrechendes Bollwerk und zerteilt mit seiner Westfront gänzlich unsensibel die Gasse. In zwei Teile zerrissen würde ich, so wie früher schon immer, den rechten Weg nach oben nehmen, denn der führt an weiteren Geschäften vorbei, die es sich bequem gemacht haben, tief geduckt, hinter dem imposanten Kulturdenkmal.

Erbaut wurde der Schottenhof 1872–1876. Franz Philipp Schott war Bürgermeister und Namensgeber dieser ursprünglich in U-Form angelegten Wohnanlage.

Ihnen sieht man deutlich an, dass sie Füllmaterial einer klaffenden Lücke sind, die der 2.Weltkrieg gerissen hat. Der eine oder anderen interessante Laden hatte sich hier angesiedelt. Auf der anderen Straßenseite geht es dafür etwas ursprünglich er zu. Alte Bausubstanz und Neubau in trauter Zweisamkeit, einiges an Gastronomie war hier schon immer präsent.

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Ein Stück weiter, zum Ende der Gaugasse hin: Die berühmte Apotheke am Gautor. Wenn ich die damals betrat, stand ich immer ehrfürchtig vor dem großen hölzernen Tresen und schaute mir die vielen Apothekerflaschen an.

Die zogen sich in einer langen Reihe entlang einer Balustrade, die direkt unter der hohen Decke angebracht war. Sehr dekorativ! Ihre geheimnisvollen Inhalte gaben sie nie preis. Unvergessen auch die hochgewachsenen, ja fast grazilen Apothekerinnen die sich aufmerksam um die zahlreichen Kunden kümmerten.

Seit 1953 gibt es die „Apotheke am Gautor“, mit ihren fast 2000 Jahre alten, medizinische Utensilien und Destillationsgeräten. Die ließen sich durch die großen Fenster bewundern, fast wie in einem Museum.

Und dann tritt man wieder heraus, in die Gaugasse, die hier ein abruptes Ende findet. Nicht aber finden die Erinnerungen ihr Ende. Für mich ist sie ein einzigartiges Denk-mal, dessen Magie sich aus positiven Erinnerungen nährt. Die Gasse lag immer im Dunkeln, war immer etwas geheimnisvoll, mit ihrem Zwielicht und fühlt sich auch heute noch an wie das stete Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Eine schöner Ort, den du unbedingt besuchen solltest, wenn du mal in Mainz bist. Sie ist eine echte Top-Adresse für eine Stippvisite.


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